Kitchen Impossible: So lief das Match zwischen Thomas Bühner und Tim Mälzer
Wie hat sich der Osnabrücker Drei-Sterne-Koch Thomas Bühner bei „Kitchen Impossible“ gegen Tim Mälzer geschlagen? Welche Gerichte haben in der berühmten schwarzen Box gewartet? Und: Was waren die größten Challenges? Für die „Neue Osnabrücker Zeitung“ habe ich einen Rückblick auf die Sendung vom 26. Februar 2023 geschrieben.
„Man munkelt, dass du zu den besten Köchen des Landes gehörst“, sagt Mälzer in den ersten Sendeminuten zu Bühner. „Das stimmt nicht“, entgegnet der mit einem verschmitzten Lächeln und korrigiert: „der Welt“. Damit ist das Match eröffnet, und in Mälzers Gesichtsausdruck spiegelt sich der Spielstand: Es steht 1:0 für den Osnabrücker.
Für Menschen, die „Kitchen Impossible“ nicht kennen, mag Bühners Replik arrogant klingen. Aber die verbalen Muskelspiele zwischen Mälzer und seinen Kontrahenten gehören zum Konzept der Sendung, genauso wie gelegentliche Kraftausdrücke, vor denen vor allem der Gastgeber nicht zurückschreckt.
Kleine Brötchen backt hier aus Prinzip niemand. Zitat Mälzer: „Ich bin eine Lichtgestalt, das kann man ganz deutlich sagen.“ Doch Bühner holt ihn zurück auf den Boden, indem er knochentrocken analysiert: „Für den Tim wird es ganz wichtig sein, dass er jetzt mal etwas macht, das er sonst nicht macht: Den Ball flach halten.“
Bei „Kitchen Impossible“ schicken sich zwei Köche – einer davon ist seit Staffel vier stets Tim Mälzer – gegenseitig in jeweils zwei verschiedene Länder, um dort ein bestimmtes Gericht verkosten und anschließend ohne Zuhilfenahme eines Rezeptes in der Küche des Originalkochs vor laufenden Kameras nachzukochen.
Es geht darum, Zutaten, Kochtechniken und Kniffe herauszuschmecken und das Gericht möglichst originalgetreu umzusetzen. Eine Jury, die aus Menschen besteht, deren Lieblingsgericht gerade nachgekocht wird, bewertet, wie gut der Versuch gelungen ist. Am Ende steht ein Sieger fest. Und der heißt tatsächlich meistens Tim Mälzer, wie der wohl prominenteste deutsche TV-Koch nicht müde wird zu betonen.
„Einer der ganz Großen, die wir haben.“
Für seinen Kontrahenten hat der Hamburger dabei durchaus Lob parat, er würzt es aber sogleich mit einer Prise Spott über dessen Wahlheimat. Bühner sei „das Fundament der deutschen Spitzengastronomie“, hebt Mälzer an, „einer der ganz Großen, die wir haben“. Dann die Begründung: „Er hat Osnabrück zu kulinarischem Weltruf verholfen – und das ist jetzt nicht die einfachste Aufgabe, die man sich stellt.“
Thomas Bühners erstes Reiseziel ist Zürich. Nach ein paar Drehszenen in einem Museum – Bühner ist leidenschaftlicher Kunstkenner und -sammler – geht es ins Restaurant „Gül“. Das weiß Bühner aber zunächst nicht, denn die Gerichte, die er nachkochen muss, werden ihm an einem anderen Ort präsentiert, dem ältesten Gasthaus Zürichs. Rein vom Geschmack und unter dem Eindruck der Umgebung ordnet Bühner die drei Gerichte dann auch erst einmal der modernen Schweizer Küche zu. Doch das traditionelle Züricher Ambiente trügt: Es geht kulinarisch in die Türkei. Alle drei Teller, die ihm vorgesetzt werden, sind orientalisch inspiriert und stammen aus dem angesagten Restaurant „Gül“.
Zu Gast im Restaurant „Gül“ bei Elif Oskan
Elif Oskan ist der Name der jungen Gastronomin, auf die Thomas Bühner trifft. Sie gehört zu den aufstrebenden jungen Köchinnen der Schweiz und ist zudem preisgekrönte Patissière. Neben einem orientalisch inspirierten Eiersalat mit frischen Kräutern und viel frischem Sauerampfer ist ein gegrilltes und gewürztes Hähnchen-Gericht mit Tomaten-Joghurt-Sauce dabei sowie von Hand geformte Getreide-Köfte aus Bulgur, Paprika und Gewürzen.
Rein optisch kommt Bühner verblüffend nah an der Original heran, geschmacklich erkennen die Juroren allerdings einige kleine Unterschiede, zum Beispiel hat der Osnabrücker Hähnchenbrust statt Hähnchenkeule verarbeitet. Schließlich kassiert er 4,9 von 10 möglichen Punkten. Für „Kitchen Impossible“-Verhältnisse ein durchaus achtbares, wenn auch nicht überragendes Ergebnis, das Bühner bei der Bekanntgabe trotzdem erfreut. Er sei stolz auf sich, sagt er.
Tim Mälzer schickt seinen Kontrahenten außerdem nach Vietnam. Tatsächlich ein asiatisches Land, in dem Bühner noch nicht gewesen ist – und das will etwas heißen. Denn seit der Schließung des „la vie“ in der Osnabrücker Altstadt ist die kulinarische Welt Asiens Bühners neues Zuhause geworden und beherbergt bald sogar ein neues „la vie“, das der Spitzenkoch im Frühjahr in Taipeh eröffnen wird.
Wer Bühner ein wenig kennt, der sieht es in den Szenen auf den Straßen von Ho-Chi-Minh-Stadt schnell: Hier fühlt er sich wohl. Das Gewusel, die feuchte Hitze und der Lärm sind für ihn nichts Fremdes. Doch dann führt der Weg nicht etwa in ein Sternerestaurant, sondern in eine einfache Garküche. Dort soll Bühner die vietnamesische Suppe Bánh Canh Ghe nachkochen, die Zutaten wie Schweinefüße, Garnelenfrikadellen, bunte Krebse und Heupilze enthält.
Als der 60-Jährige feststellt, dass es in dem Gebäude keine richtige Küche gibt, sondern nur ein paar Töpfe und Schüsseln und einen einfachen Gaskocher, der auf dem Boden eines engen Flures steht, hadert er zunächst sichtlich mit der Aufgabe.
Beeindruckende Challenge in Vietnam
Doch dann krempelt er entschlossen die Ärmel hoch und macht sich ans Werk – und für den Zuschauer ist es beeindruckend zu sehen, wie Bühner unter widrigen Umständen eine Suppe kreiert, die dem Original nicht nur nachkommt, sondern es sogar fast einholt. Tim Mälzer mag es ihm nicht zugetraut haben, aber der Drei-Sterne-Koch stellt unter Beweis, dass seine kulinarische Meisterschaft nicht an eine High-Tech-Küche und viele helfende Hände gebunden ist.
Szenen wie diese zeigen, worauf es bei „Kitchen Impossible“ neben den amüsanten verbalen Scharmützeln ankommt: Um den Umgang mit Herausforderungen, um die Fähigkeit zu improvisieren und um das eigene Können, das erst richtig deutlich wird, wenn die gewohnten Wege versperrt sind. Bühner gelingt das in Vietnam in beeindruckender Weise. Starke 7,4 Punkte sind sein Lohn.
Mälzer kocht für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft
Mälzer ist zwischenzeitig nach Marbella gereist, hat für die Kamera mit dem ihm eigenen Mut zur Peinlichkeit im Trainingslager der deutschen Fußball-Nationalmannschaft Sport getrieben und das umfangreiche Wellness-Angebot genossen. Ganz nebenbei nimmt natürlich auch er an einer Koch-Challenge teil: Er bekocht eine Jury, die unter anderem aus Joshua Kimmich, Jonathan Tah und David Raum besteht, mit einer der Lieblingsspeisen der Nationalkicker: Gnocchi mit Tomatensauce und Suzuk-Wurst, normalerweise zubereitet von Teamkoch Anton Schmaus. Zum Nachtisch muss noch ein gesunder Energieriegel mit Schokotopping gezaubert werden. Das gelingt Mälzer nur so halbwegs. 5,6 Punkte gibt es von den Fußballprofis.
Im Sternerestaurant „Lido“ am Gardasee: Pasta aus der Schweineblase
Seine zweite Reise führt den Hamburger Gastronomen an den Gardasee ins Spitzenrestaurant „Lido“, wo Thomas Bühner bereits mehrfach zu Gast war. Die Aufgabe des „Küchenbullen“: Pasta „Cacio e Pepe“, also Pasta mit Pecorino und Pfeffer. Allerdings soll er die Pasta nicht im Topf oder in der Pfanne kochen, sondern nach einem Jahrtausende alten Prinzip in einer Schweineblase. „Kitchen Impossible“ ist eben keine reine Kochshow, sondern auch eine Reisesendung, in der Kulinarik, Kultur und Ländertraditionen zusammenspielen und unterhaltsam ein Format bilden.
Bleibt noch die Frage aller Fragen: Wer hat gewonnen?
Thomas Bühner macht am Ende das Rennen. Durch seine extrem beeindruckende Leistung in Vietnam erreicht er trotz des durchschnittlichen Ergebnisses in der Schweiz eine Gesamtpunktzahl von 12,3 von 20 möglichen Punkten. Für „Kitchen Impossible“-Verhältnisse ein starker Wert. Auch Mälzer schneidet mit 11,7 Punkten durchaus gut ab, liegt aber das entscheidende Quäntchen zurück.
Viermal hatte Tim Mälzer seinen Osnabrücker Kollegen in den vergangenen Jahren gefragt, ob er nicht mal bei „Kitchen Impossible“ mitmachen würde. Bühner sagte dreimal ab. Dass er sich schließlich doch auf die Herausforderung einließ, bereut er nicht. Ganz im Gegenteil: „Ich würde jederzeit wieder mitmachen. Eine wirklich tolle Erfahrung!“
Und wer die Sendung kennt, kann sich vorstellen, dass es tatsächlich eines Tages eine Revanche geben wird. Der amüsante Lautsprecher Mälzer und schlagfertige und selbstsichere Bühner – das war in der gegenwärtigen achten Staffel des Formats bislang das Konkurrenten-Duo, das am besten funktioniert hat.
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Thomas Bühner, Sascha Stemberg und Philipp Vogel (alle in der neuen „Kitchen Impossible“-Staffel auf Vox zu sehen) plaudern in den Interviews in meinem neuen Buch „Schnell. Gut. Kochen.“ über ihre liebsten Speisekammer-Vorräte und Lieblings-Expressgerichte, die sie zu Hause auftischen. Ab sofort im Handel.