Spitzenküche zu Hause: Nachgefragt bei Thomas Bühner
#wirbleibenzuhause | Einfach und gut kochen – so geht’s!
Seit das Osnabrücker Drei-Sterne-Restaurant „la vie“ im Sommer 2018 schließen musste, ist Spitzenkoch Thomas Bühner quasi dauernd unterwegs: Für internationale Gastkoch-Events oder als Berater für neue Restaurant- und Hotelkonzepte. Dubai, Shanghai, Taiwan, Ecuador, Libanon – etwa so las sich noch vor wenigen Wochen eine monatliche Reiseliste des gefragten Küchenstars. Reisen war für ihn Alltag geworden – bis Corona kam. „Das geht jetzt nicht“, sagt der Osnabrücker Spitzenkoch und zuckt mit den Schultern. Kopf in den Sand stecken? Hilft nicht. Besser erfinderisch werden.
Wie so viele andere Köche auch hat auch Thomas Bühner seine private Küche kurzerhand in ein Filmstudio verwandelt: Eine Handykamera ins Stativ weiter weg vom Herd an die Wand, eine zweite Handykamera hält seine Frau Sonja Bülter und folgt ihm zwischen Backofen, Arbeitsplatte und Töpfen. Dazu ein vernünftiges Tongerät und los geht’s: Schon seit Ende März veröffentlicht der Drei-Sterne-Koch auf seinem Instagram-Kanal kleine Koch-Anleitungen für Gerichte, die er genauso auch gerade für sich und seine Frau zubereitet. Zum Teil sind übrigens auch echte „la vie“-Klassiker dabei, Geheimrezepte quasi, aber dazu später mehr.
Ein Blick in den Stream: Los geht’s mit dem Thema Frühstück. Thomas Bühner zeigt ein Müsli, das zur Abwechslung mal nicht mit Milch, Quark oder Joghurt, sondern mit frisch gepresstem Orangensaft zubereitet wird. „Für Menschen, die laktoseintolerant sind, ist das eine tolle Alternative“, sagt der Spitzenkoch. Spannende Idee: Körner, Flocken & Co. auch mal in anderen oder gemischten Flüssigkeiten (Milch & etwas Fruchtsaft z.B.) einzuweichen. So nehmen sie gleich einen anderen Geschmack an – das sorgt für Abwechslung auf dem Frühstückstisch.
Ein echter „la vie“-Klassiker: Die Rote-Bete-Gazpacho mit Paprika, Gurke und Olivenöl
Auch dabei – und absolut frühstückstauglich: Eine tiefrote Rote-Bete-Gazpacho mit frischen Gurken, roter Paprika und Olivenöl – übrigens ein absoluter „la vie“-Klassiker: Jeder, der im ehemaligen Gourmet-Restaurant in der Krahnstraße mal einen Kochkurs besucht hat, Schüler, die zu Aktionstagen mal in der Küche schnuppern durften, überhaupt jeder, der Mal zu Gast in der Küche war, um den „la vie“-Köchen über die Schulter zu schauen, kennt diese (tatsächlich extrem leckere!) Rote-Bete-Gazpacho. Einfach kalt gemixt ist sie in weniger als 10 Minuten fertig – und definitiv sehr einfach, wie das Video nun für alle beweist.
Verbrannter Spitzkohl?! Einfach – und richtig lecker!
Was es sonst im neuen Koch-Kanal von Thomas Bühner zu sehen gibt? Küchenklassiker, wie die französische Tarte Tatin. Oder auch der verbrannte Spitzkohl – ebenfalls ein absoluter „la vie“-Klassiker. Auch der gelingt jedem Hobbykoch zu Hause: Man legt den Spitzkohl im Ganzen in den Backofen. Hitze voll aufdrehen – bis der Spitzkohl nach etwa 60 Minuten äußerlich komplett verbrannt ist. Der Clou offenbart sich dann unter der schwarzen Schale: Die Spitzkohlblätter garen unter der verbrannten Hülle ganz schonend im eigenen Saft und kommen so besonders geschmacksintensiv auf den Teller. „Besser kann man Spitzkohl nicht garen“, ist sich der Osnabrücker Spitzenkoch sicher. Und: „Einfacher auch nicht!“. Noch etwas Kräutersalz, flüssige Butter oder Olivenöl drüber – fertig!
Bärlauchbutter für das perfekte Risotto
Noch ein Geheimtipp in diesen Tagen: „Wir haben Bärlauch-Butter gemacht, die passt zu Spargel oder auch ins Risotto!“, empfiehlt Thomas Bühner. Einfach kurz vor dem Servieren eine Portion Bärlauchbutter und Parmesan unter den Reis heben und ihn damit abbinden. „Da könnte ich mich im Augenblick reinsetzen“, sagt der Spitzenkoch. Für die Bärlauchbutter einfach Butter mit dem Mixstab in einem hohen Gefäß aufmontieren, den gut gewaschenen und trocken geschleuderten Bärlauch darunter mixen und im Kühlschrank quasi zu allem parat haben.
Thomas Bühner: Meine Top-5-Zutaten für einfach gute Küche zu Hause
Welche Zutaten sollte man immer zu Hause haben? Welche Zutaten lassen sich immer wieder neu entdecken, können vielfältig eingesetzt werden und sorgen so für eine abwechslungsreiche und einfach gute Küche im Alltag?
#01 Liebe
„Liebe! Das sage ich ja schon seit Jahren: Was man nicht gerne macht, macht man auch nicht gut!“ Etwas wirklich gerne zu machen, kann wichtiger und entscheidend sein als jahrelange Erfahrung. Denn wenn der größte Profi ohne Liebe am Herd steht, dürfte es schwierig werden… Insofern: Top-Zutat Nummer 1: Liebe!
#02 Tomaten
„Die habe ich immer da! Tomaten lassen sich maximal vielseitig einsetzen. Da würde ich auch ein Auge zudrücken, wenn einer unter Tomaten nur Dosentomaten versteht… Auch damit kann man immer was machen!“
Dazu direkt drei Ideen: Für unschlagbar-leckere Tomaten-Pasta einfach frische Tomaten oder Dosentomaten mit all den Zutaten pürieren, die man eigentlich in eine Tomatensuppe oder -Sauce geben würde. „Und dann die Nudeln in dieser Tomatensauce garen – das ist unschlagbar!“, versichert Spitzenkoch Thomas Bühner.
Zweite Idee: „Wenn in den Rezepten steht, dass man die Haut von den Tomaten abziehen soll, auf keinen Fall die Schalen wegschmeißen. Man kann sie einfach auf einem Backblech in die Sonne stellen und trocknen. Die Schalen gibt man anschließend in den Mörser und nutzt das Pulver zum Würzen. Da ist irre viel Geschmack und Umami drin!“.
Auch super: „Einfach die Tomaten im Ganzen pürieren, über Nacht abhängen und den hellen Saft weiterverarbeiten – für Suppen, Shots, Dressings – maximal vielseitig!“
#03 Eier
„Da kann man auch so viel draus machen! Ich bin ein großer Fan von Eier Benedict, dazu pochiert man die Eier in kochendem Wasser. Das Wasser auf keinen Fall salzen, dafür einen ordentlichen Spritzer Essig reingeben. Das Wasser zum Kochen bringen, mit einem Schneebesen einen Strudel im Topf herstellen und die aufgeschlagenen Eier in der Richtung des Strudels hineingeben. Dann drehen die sich, ziehen sich auseinander und das Weiße legt sich direkt ums Gelbe. Zu Spargel, morgens auf dem Toast oder auf gestampfte Pellkartoffeln – pochierte Eier schmecken immer!
Fehlt nur noch eine gute Hollandaise dazu?!
„Ganz genau! Die würde ich immer selbermachen! Viele haben ja Angst vor Saucen, dabei ist es ganz einfach: Man reduziert Weißwein mit etwas Salz, Pfeffer und Schalotten. Für 3 Eier braucht man am Ende so viel Flüssigkeit wie für einen Espresso. Diese warme Basis gebe ich durch ein Sieb in ein hohes Gefäß, gebe die drei Eier dazu und mixe es zusammen warm über dem Wasserbad auf. Die Temperatur sollte etwa 50 Grad betragen, auf keinen Fall über 60 – sonst gibt’s Eierstich! Das Eigelb wird immer heller und schaumiger. Jetzt im dünnen Strahl die geschmolzene Butter reinlaufen lassen. Man kann auch andere Fette nehmen – Olivenöl oder Sonnenblumenöl zum Beispiel. Auf unseren letzten Events in Asien haben wir Wague-Fett genommen.“
#04 Käse
„Ein gutes Stück Rohmilchkäse habe ich immer da! Egal ob Camembert, Morbier oder Comté – bin ich ja Riesenfan von Comté! Einfach runterschneiden – großartig!“
Und zum Kochen?
„Einfach über Nudelgerichte drüber reiben, zum Gratinieren – da geht so viel! Wenn ich ein Filet oder ein Kotlett habe, einfach ein bisschen Tomate, Olive und dünn gehobelten Käse drüber geben und gratinieren!“
#05 Ein ordentlicher Risottoreis
„Das sage ich jetzt, damit ich nicht wie alle anderen Nudeln sage…!“, sagt Thomas Bühner und lacht. Nein, im Ernst: „Scherz beiseite: Risottoreis braucht man tatsächlich immer zu Hause – und zwar guten! Da gibt es ganz unterschiedliche Qualitäten. Wichtig ist, dass es gleichmäßig große Körner sind. Sonst wird ein Risotto schnell schleimig, weil abgebrochene Stücke verkochen. Wenn ich vernünftigen Reis im Haus habe, kann ich da alles Mögliche mit machen: Ein Champignon-Risotto, ein Bärlauchrisotto, oder ich lasse ihn ganz natur und zupfe nur ein bisschen luftgetrockneten Schinken drüber, Mozzarella, getrocknete Tomaten und Basilikum. Oder ich koche das Risotto von Anfang an mit Rotwein. Oder mit Rote Bete. Ich kann mit Risottoreis alles machen, was ich will. Und der Reis nimmt immer den Geschmack an, den ich dazu gebe!“
Bei Risotto sollte die Flüssigkeit, die man nach und nach zum Reis gibt, warm sein. Warum eigentlich? Und: In wie vielen Steps sollte man die Flüssigkeit nach und nach zugeben? Gibt es da eine Faustregel?
„Bei Risotto ist das so, das stimmt, da sollte die Flüssigkeit warm sein, sodass das Korn nicht so leicht bricht. Ich nehme immer drei Teile Flüssigkeit und einen Teil Reis. Der Risottoreis quellt sehr stark, die Restbindung geben Butter und geriebener Käse. Es reicht eigentlich, wenn man die Flüssigkeit in zwei bis drei Schritten zugibt. Man muss sicher nicht alle drei Minuten 20 Milliliter aufgießen… Es geht ja nur darum, die geschmackliche Intensität zu erhöhen. Das ist wie bei einer Jus: Einmal Knochen und Gemüse rösten und Wein nachgießen ist weniger intensiv, als diesen Prozess zwei oder drei Mal zu machen.“