Schmökerstunde: Kochbücher im März 2020
What’s new? Einblicke in spannende Konzepte
Kochbücher sind für mich in vielfacher Hinsicht spannend: Als Foodjournalistin und Foodfotografin schreibe und gestalte ich nun schon seit vielen Jahren eigene Kochbücher – ein Großteil davon mit Spitzenköchen. Die Frage, was Hobbyköche von Spitzenköchen so alles für zu Hause lernen können, inspiriert mich immer wieder zu neuen Konzepten und führt mich in spannende Küchen und zu tollen Teams, die von ihrer Arbeit und raffinierten Küchentricks – auch für die Alltagsküche! – berichten. Rezepte, Interviews und Geschichten in Kochbüchern zu kombinieren – das ist mittlerweile ein ganz zentraler Teil meiner Arbeit.
Gleichzeitig lese ich auch unglaublich gern spannende Kochbücher meiner Kollegen. Der Markt ist mittlerweile wahnsinnig vielschichtig. Die Themen, die jedes Jahr wieder in den Regalen landen, sind mal allgemeiner, immer häufiger aber auch sehr fokussiert – da gibt es gefühlt immer wieder neues zu entdecken. Nischen- und Spezialthemen sind genauso dabei wie wahnsinnig gut gemachte Standardwerke, die heute neu gedacht werden und Kochen neu erlebbar machen.
In der „Schmökerstunde“ hier in meinem Online-Food-Magazin stelle ich regelmäßig spannende Neuentdeckungen und lieb gewonnene Titel aus meinem Bücherregal vor.
KOCHEN. | STEVAN PAUL | BRANDSTÄTTER-VERLAG
Worum geht’s?
Ganz einfach: Ums Kochen – der Titel bringt es im wahrsten Sinne auf den Punkt. Genau deshalb ist besagter Punkt auch noch im Titel selbst enthalten. Denn „kochen.“ ist ein neu gedachtes Standardwerk, das die vielfältigen Techniken und Möglichkeiten des Kochens hochgradig spannend, kurzweilig und mit vielen wertvollen Tipps, Technik- und Warenkunde-Exkursen erklärt.
Angefangen beim selbst gebackenen Brot, über Vorspeisen, Fisch- und Meeresfrüchte, Gemüse, Saucen und Fonds, Fleisch, Käse, bis hin zum Desserts werden in sage und schreibe 500 Rezeptideen auf 400 Seiten so ziemlich alle denkbaren Koch-Ansätze, auf die man im Alltag zurückgreifen möchte, ausführlich und verständlich erklärt. 500 Rezepte?! Tatsächlich! Und zwar durch ein ganz spannendes, ausgeklügeltes System.
Was macht das Buch besonders?
Was dieses Buch besonders spannend macht, ist die Unterteilung einzelner Rezepte in Teil-Rezepte, die man auch als Bausteine oder Einzel-Komponenten bezeichnen kann. So verbergen sich in einer Zusammenstellung, wie „Rote-Bete-Glasnudeln, Kräutersalat, Garnelen“ im Vorspeisenkapitel tatsächlich nämlich drei Rezepte: Sowohl der hübsch pink-rote Glasnudelsalat mit Rote-Bete-Saft und Walnussöl, als auch der Wildkräutersalat mit Erdnüssen, wie auch die gebratenen Garnelen mit Limette und Chili lassen sich schließlich auch einzeln servieren oder als Einzelkomponenten frei mit anderen, vielleicht sogar selbst gewählten oder kreierten Komponenten verbinden. Und schon geht das Küchenspiel weiter: Eine Komponente herausgreifen, neu kombinieren – und schon sind wieder neue Rezepte geschaffen – so macht Kochen Spaß!
Für wen ist das Buch geschrieben?
Die besondere und so reichhaltige Gestaltung des Buches (aus der zu Hause ja nach und nach theoretisch noch mal 500 oder sogar 1000 weitere Rezepte entstehen könnten…) zeigt es schon: Dieses neu gedachte und extrem schön und auch haptisch in Ausstattung und Papier sehr wertig gestaltete Standardwerk von Stevan Paul richtet sich an Menschen, die Kochen neu, flexibel, frei und kreativ denken und kennenlernen möchten.
Ein Rezept ist nie in den Stein gemeißelt – es ist ein Angebot, ein grober Leitfaden, der dazu einlädt, Dinge weiter zu denken. Wer sich das allein nicht traut, wird mit diesem Buch an die Hand genommen und sollte einfach loslegen.

Buchdaten:
Stevan Paul: kochen.
Brandstätter-Verlag, 408 Seiten
40,00 Euro
APÉRO | INGO HOLLAND & CATHÉRINE JAMIN
Worum geht’s?
Der Begriff „Apéro“ erinnert an „Apértif“ – nur dass es hier nicht um die guten Tropfen im Glas vor einem Essen geht, sondern um den Snack, die vielen leckeren Kleinigkeiten, die man häufig zusammen mit oft zusammen einem Apéritif zu sich nimmt. Manchmal läuten Apéro und Apéritif einen festlichen Abend ein, der noch ein aufwendiges Menü nach sich zieht. Manchmal sind sie aber auch selbst abendfüllend.
Mit „Apéro“ wird ein Gefühl und ein Brauch von Geselligkeit beschrieben: Man kommt mit der Familie, mit Freunden oder mit Kollegen zusammen, stößt mit einem guten Getränk zu einem besonderen Anlass (oder einfach auf das schöne Leben!) an und genießt dazu leckere Kleinigkeiten – mal auf die Hand, mal auf kleinen Tellern. Genießen in geselliger Atmosphäre – und das auch gern mal mitten am Tag oder schon zur Dämmerung. Essen braucht keine festen Zeiten.
Was macht das Buch besonders?
Dieses Buch ist schon optisch eine Wucht – das große Format von rund 30 mal 30 cm mag für’s gemütliche Schmökern auf dem Sofa fast zu üppig ausgefallen sein, dafür macht es auf dem Wohnzimmertisch und auch im Regal umso mehr her! Die Gestaltung des handgezeichneten Covers der Konditormeisterin Cathérine Jamin ist auffallend individuell und lässt das Buch sehr schön hervorstechen. Auch die Gestaltung im Innern hebt sich von vielen anderen Büchern ab, denn der ehemalige Sternekoch und renommierte Gewürzexperte Ingo Holland und die Cathérine Jamin haben das Buch in Eigenregie ohne Verlag umgesetzt. Guter Service: Zu den größtenteils einfachen, aber zugleich auch raffinierten Apéro-Ideen gibt es immer auch eine Getränke-Empfehlung.
Sehr spannend: Wer sich nach und nach durch das Buch kocht, lernt nicht nur, wie man Familie und Freunde mit richtig tollen Kleinigkeiten zum Sekt, Crémant oder Wein überrascht – zugleich lernt man auch den geschickten und dosierten Einsatz mit Gewürzen. Hier wird deutlich, dass hinter den Rezepten eben ein sehr renommierter und leidenschaftlicher Gewürz-Experte steht.
Für wen ist das Buch geschrieben?
Menschen, die gern für Freunde kochen, Genießer, für die Essen nicht nur als umfangreiches Menü an der Tafel stattfindet, sondern auch locker im Garten, auf dem Balkon, im Wohnzimmer mit Freunden genossen werden darf – kein fester Menü-Ablauf, eher ein geselliges Beisammensein bei Speis und Trank. Und das auch außerhalb der festen Mahlzeit-Zeiten: Mal morgens um 11, mal abends gegen 17 Uhr – gern mit Open End.
Das Buch inspiriert, Klassiker neu zu denken, es zeigt, dass gutes Essen nicht kompliziert sein muss und es lehrt, Gewürze geschickt und spannend einzusetzen. Wer eine Weile in „Apéro“ schmökert, wird schnell Lust bekommen, mal wieder ein paar Freunde einzuladen – einfach auf ein paar leckere Kleinigkeiten und ein gutes Glas Wein.

Buchdaten:
Ingo Holland, Cathérine Jamin: Apéro
234 Seiten
39,90 Euro
CHANGE YOUR APPETITE | DIANA HENRY | ARS VIVENDI
Worum geht’s?
Laut Titel und Buchbeschreibung geht es um Rezepte, die die Ernährungsumstellung der gefeierten britischen Food-Autorin Diana Henry dokumentieren. Das klingt erst mal mächtig verkopft und anstrengend. Doch das Gegenteil ist der Fall: Wer das Buch aufschlägt, blättert sich definitiv nicht durch einen Ernährungsratgeber mit zahlreichen strikten Tipps und Regeln, den man vermuten könnte, sondern durch ein sehr einladend und ästhetisch gestaltetes Buch, das sowohl in den Rezepttiteln auch in den Bildern schnell den Eindruck einer sehr spannend und international inspirierten Küche mit einer leichten und Gemüse-fokussierten Handschrift vermittelt. Das spricht durchaus auch Menschen an, die keine Diät machen möchten oder ihre Ernährung radikal umstellen möchten, sondern schlicht auf der Suche nach einer spannenden Aromenküche sind, die leicht und bekömmlich daherkommt.
Was macht das Buch besonders?
Es ist die Leichtigkeit, die sich durch die Inhalte in den Texten und Rezepten zieht, die sich aber auch in der Foodfotografie und Gestaltung wiederfindet. Hier wird leichte und Gemüse-fokussierte Küche nicht verkopft als Diät-Ratgeber kommuniziert, sondern einladend als ganz selbstverständlich spannende Küche für alle. Interessant sind tatsächlich auch die internationalen, vor allem orientalischen Einflüsse – sie machen die Rezepte sehr spannend und vielfältig. auch was die Produktauswahl betrifft. Das Buch ist in die vier Jahreszeiten unterteilt – was es universal und sehr regelmäßig über das ganze Jahr hinweg nutzbar macht: Süße Safran-Tomaten mit selbst gemachtem Labneh im Sommer, Soja-Pilze mit Omelette-Streifen und schwarzem Sesam im Herbst, Rote-Bete-Karotten-Puffer mit Joghurt-Dill-Sauce im Winter und japanisches Ingwer-Knoblauch-Hähnchen mit Gurkensalat im Frühjahr.
Für wen ist das Buch geschrieben?
Wer die Rezepttitel liest, merkt es schon: Wer Ottolenghis Küche liebt, wird auch an Diana Henrys Werken große Freude haben. „Alles, was Diana Henry kocht, möchte ich essen.“ steht somit auch als persönliches Zitat des bekannten Küchenstars Yotam Ottolenghi prominent auf dem Cover des Buches von Diana Henry. Tatsächlich gehen die Küchenstile in eine ähnliche Richtung – sind aber doch wieder so verschieden, dass es wirklich spannend ist, beide nebeneinander kennen zu lernen.

Buchdaten:
Diana Henry: Change your Appetite
ars vivendi, 336 Seiten
30,00 Euro