Spitzenküche zu Hause: Nachgefragt bei Sarah Henke
#wirbleibenzuhause | Einfach und gut kochen – so geht’s!
Sarah Henke hat’s gut: Wenn sie in diesen Tagen nicht selbst zu Hause kocht, dann tut’s ihr Mann: Sie ist Sterneköchin im asiatischen Restaurant „Yoso“ in Andernach in der Nähe von Koblenz. Ihr Mann Christian Eckhardt ist Zwei-Sterne-Koch im Restaurant „Purs“, nur wenige Gehminuten vom „Yoso“ entfernt.
In normalen Wochen haben die beiden zwei Tage, an denen sie abends gemeinsam essen. „Mindestens einmal davon gehen wir essen“, erzählt Sarah Henke, mit der ich bereits für drei Buchprojekte zusammengearbeitet habe. Essen gehen fällt gerade aus, ist schlicht unmöglich: Restaurants sind zu – deutschlandweit. Auch ihre eigenen Küchen müssen Sarah und Christian gerade aufgrund der Corona-Krise geschlossen halten. Was bleibt, ist ihre Küche zu Hause: 7 Tage die Woche wird hier gerade frisch gekocht: „Wir wechseln uns immer ab“, erzählt die 38-Jährige und lacht.
In ihren Restaurants servieren beide Fine-Dining – Sarah im asiatischen Stil, Christian präsentiert eine innovative und moderne Gourmetküche mit internationalen Einflüssen.
Man fragt sich: Was tischen sich zwei Spitzenköche nun zu Hause auf?
„Eigentlich kochen wir immer ganz einfache Sachen“, verrät die Sterneköchin. 30 Minuten sei an normalen Tagen pi mal Daumen die Grenze – dann darf und sollte ein Essen auf dem Tisch stehen. Oft mit dabei: Gemüsepfannen, Pasta, Reis, frischer Fisch oder ein Hühnchen aus dem Ofen. Kein Hokus-Pokus. Einfach gute Küche für jeden Tag.
Zur Zeit haben die beiden mehr Zeit – und nehmen sie sich auch gern in der eigenen Küche. „Auch wenn wir unsere Restaurantküchen schon jetzt vermissen“, gesteht die Sterneköchin. Das Team, die Gäste, der ganz normale Restaurantalltag eben. Bis er zurückkommt, gilt es, das beste aus der gegebenen Situation zu machen. Dazu gehört natürlich auch, zu Hause zu kochen, neue Gerichte auszuprobieren, schon jetzt Ideen für die nächsten Restaurantkarten zu entwickeln.
„Gestern gab es bei uns Dorade im Ofen, einfach auf Paprika-Zwiebel-Gemüse, dazu hatten wir Kartoffelpalten mit Knoblauch und Olivenöl, das war sehr lecker“, erzählt die Spitzenköchin. „Christian hat dann noch eine Aioli ohne Ei mit Olivenöl dazu gemacht.“
Aioli ohne Ei? – Das klingt spannend und einfach…?
„Ja, absolut. Wir haben das einfach mit dem Thermomix gemacht, man kann es aber auch mit einem Mixer oder Zauberstab machen. Wichtig ist, dass man es schnell macht.“ Das heißt: Grob gehackten oder fein geriebenen Knoblauch in ein hohes Mixgefäß geben, einen Schluck Milch dazu und langsam Olivenöl zugießen und dabei hoch mixen, bis eine Bindung entsteht. Abschmecken – fertig ist die Aioli, wie sie im Buche steht: Ohne Ei – ein ganz wesentlicher Unterschied zur klassischen Mayonnaise.
Ein Tipp für alle, die sich zu Hause auch mal einen ganzen Fisch im Ofen zubereiten möchten: „Wir haben die Dorade etwa 15 Minuten auf dem Gemüse bei 200°C im Ofen gehabt“, erzählt Sarah. Kartoffeln brauchen allerdings länger. „Die sollten schon gut 15 Minuten vorher rein“, empfiehlt Sarah Henke.
Vor wenigen Wochen waren Sarah Henke und Christian Eckhardt erst Anfang diesen Jahres noch in Südkorea. Dort ist Sarah vor 38 Jahren geboren, ein gutes Jahr später ist sie dann zu ihren Eltern nach Niedersachsen gekommen, wo sie aufgewachsen ist. Die asiatische Welt ist ein Teil ihrer Koch- und Lebensgeschichte: Immer wieder haben sie Menschen angesprochen und gesagt, dass es ja ganz klar sei, dass sie asiatisch kocht. Immerhin sehe man ihr doch an, dass sie dorther komme…
Doch tatsächlich hatte Sarah in ihrem Leben bis dato ähnlich wenig mit der asiatischen Küche zu tun, wie andere junge Köchinnen und Köche auch: Klar, gebratene Nudeln oder Ente süß-sauer hatte sie auch schon mal gegessen. Das war’s dann aber auch.
Ihre Heimat ist Niedersachsen. Die Küche, die Sarah von der Pike auf gelernt hat, ist die europäische. „Ich bin auf dem Land aufgewachsen. Wir hatten eigene Hühner, Gänse, Lämmer und Enten.“ Die Lieblingsküche ihrer Kindheit: Klassisch, deftig. Schnitzel stand ganz hoch im Kurs.
Tatsächlich war es ein Zufall, der 2010 dafür sorgte, dass Sarah heute asiatisch kocht. Sie sollte Küchenchefin im Restaurant „Spices“ in List auf Sylt werden. Das Konzept stand fest: Asiatisch. „Mein damaliger Hoteldirektor fand die Stelle für mich wie geschaffen, weil er meinte, dass ich ja schon so aussehen würde, dass ich gut asiatisch kochen könnte…“, erzählte Sarah mir 2017, als ich sie für mein Buch „Aufgedeckt – Die Geheimnisse der Spitzenküche“ interviewt habe.
Zuvor war sie mehrere Jahre bei Sven Elverfeld im Drei-Sterne-Restaurant „Aqua“ in Wolfsburg. Hier spielte die asiatische Küche keine zentrale Rolle – genauso wenig, wie an ihren vorhergehenden Stationen: Klassische Küche, avantgardistische Küche, deutsche Küche – das waren die Stile, die Sarah seit ihrer Lehre gekocht hatte.
Nun also asiatisch.
Sarah Henke nahm die Herausforderung an und befasste sich Schritt für Schritt mehr mit der spannenden Welt der asiatischen Aromen, Produkte und Gartechniken. Schon wenig später kochte sie sich im „Spices“ ihren ersten Stern und entwickelte ihre ganz eigene, asiatische Handschrift. Sie feilte immer weiter daran, wechselte ins „Yoso“ nach Andernach und erhielt auch hier wieder einen Stern.
2018, acht Jahre nachdem sie begonnen hatte, asiatisch zu kochen, reiste Sarah das erste Mal nach Südkorea, um sich ihre zweite, bislang eher unbekannte Heimat, in Ruhe anzuschauen. Die Spurensuche galt damals ihrem ersten eigenen Buch, ‚Korea‘, das 2019 im Christian-Verlag erschienen ist. Jetzt, Anfang 2020, ist sie das erste Mal privat mit ihrem Mann Christian Eckhardt nach Seoul gereist, um die original koreanische Küche hautnah zu erleben.
„Wir haben uns einen Gasgrill mitgebracht für koreanisches BBQ“ erzählt Sarah mir im Interview. Das sei sowas ähnliches wie Raclette oder Fondue: Man sitzt zusammen am Tisch und jeder bereitet das zu, was er mag. „Das haben wir die Tage jetzt auch schon mehrfach gemacht.“ Was auf so einem Grill landet? „Was man mag!“, sagt Sarah. Sie haben Schweinebauch gegrillt, frische Pilze, dazu gab es selbst eingelegtes Gemüse, wie Rettich, Gurken, Paprika und Chinakohl.
Gemüse einlegen – ein spannendes Stichwort. Was gibt’s zu beachten?
„Wir haben uns die Tage noch ein paar Weck-Gläser besorgt und machen das gerade asiatisch, so wie wir es zuletzt auch im ‚Yoso‘ für die aktuelle Karte gemacht haben.“ Das heißt: Paprika, Gurken, Rettich, Knoblauch oder Chinakohl fein schneiden und mit einer Marinade aus Reisessig, Zucker, Zitronensaft, Zitronenabrieb und ein bisschen Chili übergießen. Dann heißt es: Geduld haben.
„Mindestens einen Tag sollte man das Gemüse ziehen lassen“, empfiehlt Sarah. Danach hat man eine knappe Woche knackig-würziges Gemüse im Kühlschrank, das im Prinzip jedes Essen aufpeppt: Ganz gleich, ob zum koreanischen BBQ, zur Gemüsepfanne, zu Nudeln, zu Reis, zu Hähnchen oder Fisch – das knackig-frische Gemüse aus dem Weck-Glas geht immer! Und: Es bringt immer eine spannende und frische Säure auf den Teller.
„Wir verwenden Reisessig und Zucker 1:1, auf etwa 100 ml Flüssigkeit würde ich etwa 15 ml Zitronensaft nehmen. Dazu dann einfach ein bisschen Zitronenschale und eine Chilischote.“ Einige Marinaden werden für Mixed Pickles kurz aufgekocht und erst dann über das knackige Gemüse gegossen. „Ich würde das in diesem Fall roh machen“, empfiehlt die Sterneköchin. „Dann hat man diesen schönen Knack, es bleibt schön frisch!“
Wer sich einmal etwas Gemüse eingelegt hat, kann es etwa eine Woche ganz flexibel einsetzen. Spannend: Jeden Tag nimmt das Gemüse mehr Marinade auf und wird stetig intensiver im Geschmack.
„Wir haben die Tage Mie-Nudeln dazu gekocht“, erzählt Sarah. Das kann jeder: Einfach das, was an frischem Gemüse so da ist, in die Wokpfanne geben und rundherum anbraten. „Man kann es vegetarisch machen oder auch noch Fleisch mit reinschneiden“, sagt die Küchenchefin. „Christian hatte am Tag vorher geschmorte Hühnerkeulen für eine Ravioli-Füllung mit Backpflaumen und Salbeibutter gemacht. Da hatten wir noch Fleisch über, das habe ich zum Beispiel einfach mit zum Gemüse gegeben.“ Das Gemüse mit den gekochten Nudeln in der Wokpfanne vermengen und kräftig mit Sojasauce, Austernsauce, getrockneten Chilis und gerösteten Cashewkernen abschmecken. Das eingelegte Gemüse im Schälchen daneben servieren – fertig!
Sarah Henke: Meine Top-5-Produkte für asiatisch-inspirierte Küche zu Hause
Welche Zutaten sollte man zu Hause haben, um asiatisch zu kochen? Wie lässt sich Schritt für Schritt ein wenig asiatischer Style auf den Teller bringen? Sterneköchin Sarah Henke verrät ihre Top-5-Produkte für mehr Asia-Flavour zu Hause.
#01 Sojasauce
Der Alleskönner der asiatischen Küche: Sojasauce ist salzig und würzt Gemüse, Fleisch, Fisch und Tofu genauso wie Reisgerichte, asiatische Mie-Nudeln, Reis-Nudeln oder Ramen. Tipp: Wer sich langsam an mehr Asia-Flavour herantasten möchte, fängt an, Salz zu reduzieren und stattdessen mit Sojasauce zu salzen. Gerade in Kombination mit Ingwer und Chili (anstelle von Pfeffer) und Umami-haltiger Austernsauce entsteht schnell ein asiatischer Style. Eine komplette Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Ersetzen von klassischen Zutaten hin zu mehr asiatischen Produkten findet Ihr auch in Sarahs Kapitel in meinem Buch „Aufgedeckt: „Aufgedeckt: Die Geheimnisse der Spitzenküche“ (EMF-Verlag).
#02 Geröstetes Sesamöl
Was in der mediterranen Küche das Olivenöl ist, ist das geröstete Sesamöl in den asiatischen Küchen. Wichtig: Dosiert einsetzen. Geröstetes Sesamöl ist sehr intensiv in Geschmack und Aromatik und sollte nicht erhitzt werden. Wer seine Gemüse- oder Reispfanne also mit geröstetem Sesamöl abschmeckt, gibt es zum Ende dazu, kurz vor dem Servieren. Zum Garen vorher am besten ein neutrales Pflanzenöl verwenden.
#03 Austernsauce
Austernsauce ist salzig, süßlich und bringt jede Menge Umami auf den Teller. In Kombination mit Sojasauce passt sie fast immer: In der Gemüsepfanne, zu Reisgerichten, zu asiatischen Nudeln, zu Fisch, Fleisch, Eiern, sowie auch zu vegetarischen Gerichten mit Tofu. Auch hier gilt: Austernsauce ist sehr intensiv, erst mal fein dosierten – mehr geht immer noch…
#04 Getrocknete Shiitake-Pilze
Umami-Booster mit langer Haltbarkeit: Die getrockneten Pilze werden kurz in Wasser eingeweicht und anschließend kreativ in Gemüsepfannen oder Saucen eingesetzt. „Den Fond vom Einlegen kann man natürlich auch verwenden“, sagt Sarah Henke. „Shiitake-Pilze haben ja einen viel kräftigeren Geschmack als Champignons.“ Insofern steckt selbst im Einlegewasser noch jede Menge Power. Einfach mal ausprobieren: Zu Mie-Nudeln, in der Gemüse-Ingwer-Pfanne zum Chili-Ingwer-Hühnchen, im asiatischen Salatdressing – Möglichkeiten gibt es viele!
#05 Koreanische Paprikapaste
Ein ganz typisches Produkt aus der koreanischen Küche. „Damit bekommst du immer eine tolle Würzigkeit und Schärfe hin!“, versichert Sterneköchin Sarah Henke. Ihr Geheimtipp für die schnelle Küche: Ein Kimchi-Eintopf – wahlweise vegetarisch oder auch mit Hähnchenfleisch. Und so funktioniert’s: Wasser aufkochen, etwas Paprikapaste und Apfelsaft rein, Reisnudeln oder andere asiatische Nudeln dazu, Chinakohl, Frühlingszwiebeln und Karotten fein schneiden – alles mit in den Topf und langsam köcheln lassen. „Man kann es vegetarisch lassen oder sonst auch noch mit etwas Fischsauce abschmecken“, so die Spitzenköchin. Im Kühlschrank liegt noch Hähnchen? Einfach in feine Streifen schneiden und ein paar Minuten mit im Kimchi-Eintopf ziehen lassen – fertig!
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Lust auf noch mehr Inspirationen und Tipps von Spitzenköchen?
Hier gibt es alle Beiträge der Serie auf einen Blick!
BUCHTIPP |
Sarah Henke in: „Koch was draus! Was Spitzenköche aus 5 Zutaten zaubern“
Ihr habt Lust auf noch mehr spannende Kücheninspirationen von Sterneköchin Sarah Henke? Dann habe ich einen Buch-Tipp für Euch: Sarah ist eine von zehn Spitzenköchinnen und Spitzenköchen, die ich für mein aktuelles Buch „Koch was draus! Was Spitzenköche aus 5 Zutaten zaubern“ (EMF-Verlag) besucht und interviewt habe.
Jeder Koch und jede Köchin durfte sich 5 Lieblingszutaten aussuchen, um dann 3 verschiedene Gerichte daraus zu kochen. Ich war dabei, habe Fragen gestellt, Tipps und Tricks für Euch notiert, die Ihr zusammen mit den Rezepten aus Sarahs Küche in meinem Buch „Koch was draus!“ nachlesen könnt.
Übrigens: Zwei-Sterne-Koch Christian Eckhardt habe ich ebenfalls für „Koch was draus!“ besucht – auch er zeigt im Buch drei spannende Gerichte aus seinen Lieblingszutaten.
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Stefanie Hiekmann: „Koch was draus! Was Spitzenköche aus 5 Zutaten zaubern“, EMF-Verlag, 240 Seiten, 30 Euro.