Kochbuch-Favoriten im Herbst/Winter 2018
Ein Streifzug durch das Bücherregal
Winterzeit ist Lesezeit – das gilt auch für Kochbuchfreunde. Denn ein Trend, der sich im aktuellen Herbst- und Winterprogramm mehr und mehr abzeichnet: Kochbücher sind längst keine reinen Aneinanderreihungen von Rezepten mehr – zumindest nicht nur. Insbesondere im hochwertigen Segment punkten Verlage und Autoren mit Konzepten, die kulinarische Geschichten, Wissen, Tipps und Tricks mit Rezepten für zu Hause verbinden. Ein Streifzug durch die spannendsten Neuerscheinungen in diesem Winter.
Ein paar wenige grundsätzliche Anmerkungen dazu: Die Reihenfolge, in der die Bücher auf dieser Seite vorgestellt werden, entspricht keinem Ranking sondern dem Zufall. Es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit: Es handelt sich um elf subjektiv ausgewählte Kochbücher, die meines Erachtens zu den spannendsten Neuerscheinungen im Kochbuchsegment mit der Zielgruppe Hobbyköche gehören.
Für Schnell-und-trotzdem-raffiniert-Kocher
Yotam Ottolenghi: Simple
Wer Ottolenghi kennt, weiß, worauf man sich in seinen Büchern verlassen kann: Orientalische und europäische Küche treffen in auf raffinierte und meist alltagstaugliche Art und Weise zusammen. Letzter Punkt steht in seinem neuen Band „Simple“ titelgebend im Vordergrund – ohne die Raffinesse dabei aus dem Blick zu verlieren. Heiße, geröstete Kirschtomaten auf kaltem Joghurt, im Ganzen gerösteter Sellerie mit Koriander-Öl, Tacos mit Frischfrikadellen, Mango und Kreuzkümmel-Joghurt oder auch das Forellentatar mit brauner Butter und Pistazien schmecken jeden Tag und sind mehr oder weniger schnell zubereitet. Je nach Rezept bezieht sich der Titel „Simple“ auf ein Gericht mit überschaubarer Zutatenmenge (bis zu 10 Produkte), auf eine besonders schnelle Zubereitungszeit oder den großen Pluspunkt, dass sich eine Speise besonders gut vorbereiten lässt. Fazit: Ein Must-Have für Ottolenghi-Fans und Liebhaber seiner raffinierten und immer wieder überraschenden und alltagstauglichen Küche.
Yotam Ottolenghi: „Simple“, DK-Verlag, München, 320 Seiten, 28 Euro.
Für Reise-und-Lese-Fans
Sarah Henke: Korea
Wer gerne und anspruchsvoll asiatisch isst, der wird das „Yoso“ in Andernach kennen: Seit 2015 kocht Sterne- und Spitzenköchin Sarah Henke dort ihre ganz eigene asiatische Küche. Als Kleinkind ist sie vor über 30 Jahren zu Adoptiveltern nach Niedersachsen gekommen und fortan dort aufgewachsen. In Seoul, wo sie 1982 auf die Welt gekommen ist, war sie seitdem nie wieder. Bis jetzt. 2018 ist sie als erwachsene Frau und erfolgreiche Köchin nach Südkorea gereist, um sich auf die Spuren ihrer eigenen Geschichte und der koreanischen Küche zu begeben. Denn dass Sarah Henke heute eine der bekanntesten Vertreterinnen der asiatischen Küche in Deutschland ist, ist nicht etwa darauf zurückzuführen, dass sie die dortige Küche von der Pike auf gelernt hat. Ganz im Gegenteil: In Interviews hat sie mir mal verraten, dass sie vielmehr mit deftiger, klassischer Küche aufgewachsen ist. Und doch ist sie irgendwie zu den asiatischen Aromen gekommen. Und genau hier setzt dieses schöne Buch an: Es ist eine sehr persönliche Spurensuche, verbunden mit einer kulinarischen Entdeckungsreise. Eine Geschichte zwischen Heimatsuche, Genuss und Begeisterung für Neues. Ein Buch für alle, die sich von authentischen Geschichten begeistern lassen und dazu noch Lust auf spannende Inspirationen aus der Ferne haben. Übrigens: Im zweiten Teil des Buches stellt Sarah Henke auch ihre Original-Rezepte vor, die sie auf Basis der Reiseerfahrungen in ihrem Sternerestaurant „Yoso“ serviert.
Sarah Henke: „Korea: Meine kulinarische Reise ins Land der vielen Wunder“, Christian-Verlag, München, 320 Seiten, 39,99 Euro.
Für ambitionierte Entdecker und Genießer
Tanja Grandits: Tanjas Kochbuch
Dass Spitzenköche eigene Bücher schreiben, das kommt vor. Dass sie aber so geschrieben sind, dass man die Rezepte auch zu Hause nachgucken kann und will – das kommt seltener dabei heraus. Umso schöner, dass sich die Schweizer Spitzenköchin Tanja Grandits bei ihrem fünften Buch für genau diesen Weg entschieden hat. Auch die beiden sehr lesens- und nachkochwerten Vorgänger „Kräuter“ und „Gewürze“ (ebenfalls AT-Verlag) waren schon sehr alltagsfreundlich geschrieben. Jetzt setzt die gefeierte Spitzenköchin aus Basel aber noch einen drauf: Sie widmet ihr neues Buch ihrer 13-jährigen Tochter Emma – und das nicht nur mit einem liebevollen Vorwort, sondern wirklich konsequent bis zur Seite 320, auf der das Buch (leider) endet.
Tanja Grandits hat für ihr neues Buch Gerichte zusammengetragen, die sie genau so auch schon oft für ihre Tochter gekocht hat. Die sie ihr morgens vor der Schule serviert oder die es gibt, wenn sie gemeinsam (manchmal auch mit dem gesamten Küchenteam des Restaurants „Stucki“) am Tisch sitzen. Insofern hätte der Titel auch kaum besser gewählt werden können: Es ist „Tanjas Kochbuch“ – geschrieben für ihre Tochter Emma. Und wie schön, dass noch so viele Menschen mehr von den wunderbaren Tipps, Ideen und Rezepten profitieren dürfen: Saiblings-Tatar mit Pastinaken-Rösti und Senfkorn-Pickles, eine Röstpaprika-Suppe mit Tahini und Mandel-Dukka, eine Spargel-Kurkuma-Suppe mit Orangenöl oder auch die „Wunder-Hühner-Suppe“, die Tanja Grandits kocht, wenn Emma mal krank ist – all dies sind nur ein paar Beispiele für viele wunderbare Rezepte, die allerhand kreative Ideen ins Haus bringen, die die Alltagsküche unheimlich bereichern. Eines meiner derzeitigen Lieblingsbücher – weil es im kulinarischen Anspruch so selbstverständlich, so liebevoll-kreativ und durchdacht daherkommt.
Tanja Grandits: „Tanjas Kochbuch“, at-Verlag, Aarau und München, 320 Seiten, 34,00 Euro.
Für alle, die sich fragen: Was kocht die Frau vom Spitzenkoch?
Nadine Levy Redzepi: Downtime – Soulfood der Extraklasse
René Redzepi gehört zu den erfolgreichsten und bekanntesten Spitzenköchen der Welt. Mit seinem Restaurant „Noma“ in Kopenhagen hat er es nicht nur zu internationaler Prominenz geschafft – viel entscheidender noch: Er hat einen neuen Küchenstil begründet: Die neue, nordische Küche (New Nordic Cuisine) mit dem, was die unmittelbare Umgebung der skandinavischen Länder hergibt, sorgt weltweit für Begeisterung – und hat Fans wie Nachahmer in vielen Ländern gefunden.
Soulfood oder Comfort Food sind nun die beiden großen Stichwörter, wenn es darum geht, die Küche der Ehefrau des kulinarischen Superstars zu beschreiben. Es sind Gerichte, die es zu Hause gibt, die nach Wärme, Heimat und Familie klingen: Brathähnchen mit Knoblauch-Thymian-Kartoffeln, Porrdige mit Waldpilzen und Eiern, Lasagne mit Salsiccia-Fleischbällchem oder in Butter ausgebackenes Brot mit Tomaten. Die Rezepte aus ihrem neuen Buch sind alltagstauglich, aber doch ausgestattet mit den entscheidenden Tipps, die eine Ehefrau vom Spitzenkoch eben parat hat. So bietet das Buch zum Beispiel auch immer wieder die Gelegenheit, sich mal an Neues heranzutasten: Das Kartoffelpüree mit grünem Gemüse wird bei Nadine Redzepi, die ihre Wurzeln in Portugal hat, nämlich einfach mal mit einem gebeiztem Eigelb serviert – und Wunder, oh Wunder: Es ist kein Hexenwerk! Wie schön, dass es die englische Originalausgabe (Herbst 2017) nun endlich auch auf Deutsch gibt, eine schöne Bereicherung im Bücherregal – und in der Küche.
Nadine Levy Redzepi: Downtime – Soulfood der Extraklasse, Knesebeck-Verlag, München, 300 Seiten, 35,00 Euro.
Wer sich fragt, was Hobbyköche von Spitzenköchen lernen können
Stefanie Hiekmann: Nachgefragt: 30 Spitzenköche verraten ihre Küchengeheimnisse
Ich erlaube mir, auch eines meiner eigenen Bücher in diese Liste der spannendsten Neuerscheinungen des Winters einzureihen: Für „Nachgefragt“ habe ich 30 Spitzen- und Fernsehköche aus Deutschland, Österreich und der Schweiz jeweils zu ihrem Schwerpunktthema interviewt. Die Frage, die sich dabei wie ein roter Faden durch alle 208 Seiten zieht: Was können Hobbyköche von den Spitzen-Profis für zu Hause lernen? Jeder Koch verrät in den Interviews die wichtigsten Tipps und Tricks zu seinem persönlichen Lieblingsessen, kulinarischem Lieblingsthema oder Signature-Dish. Zwei-Sterne-Koch Tim Raue gibt die wichtigsten Tipps für wirklich gute Königsberger Klopse. TV-Koch und Sternekoch Alexander Herrmann verrät sein liebstes Rezept für Fleischpflanzerln und erklärt, warum rohe Zwiebeln nichts darin zu suchen haben. Roland Trettl, den viele als Juror der TV-Kochshow „The Taste“ kennen, berichtet, wie ein guter Südtiroler Knödel gemacht wird – immerhin ist er Südtiroler. Fleischpapst Lucki Maurer antwortet auf die Frage, wie ein perfektes Steak gelingt, Alfons Schuhbeck berichtet von seinen Reisen nach Asien und erklärt, was es für ein perfektes Thai-Curry zu beachten gilt. Die Interviews, die geballtes Wissen aus den Küchen nach Hause holen, sind das Herzstück dieses Buches. Und natürlich gibt es zu jeder Frage und zu jedem Interview auch das passende Rezept zum Ausprobieren für zu Hause.
Stefanie Hiekmann: „Nachgefragt: 30 Spitzenköche verraten ihre Küchengeheimnisse“, EMF-Verlag, München, 208 Seiten, 26,00 Euro.
Für Gesund-Kocher, die das Genießen nicht vergessen
Luisa Zerbo: So schmeckt Liebe
Fleißige The-Taste-Gucker kennen das Gesicht: Luisa Zerbo hat es im Team Trettl 2017 ins Finale der erfolgreichen Kochshow geschafft. Und wer sich noch erinnern kann, wie Luisa in den neun Wochen vor der Kamera gekocht hat, der weiß auch, warum das Wort „Liebe“ im Titel ihres ersten Kochbuchs nicht fehlen durfte: „So schmeckt Liebe – gesundes Soulfood, das dich glücklich macht“ ist der Titel, unter dem sich nun feinste Gaumenschmeichler versammeln, die ganz leise – ohne groß Aufhebens darum zu machen – auf raffinierten Zucker und Gluten verzichten.
Nun ist Gluten gewiss kein Protein, vor dem gesunde Menschen Angst haben müssen. Doch gibt es leider genug Menschen, die aufgrund einer Zöliakie darauf verzichten müssen. Andere haben nach Magen- oder Darmbeschwerden die Erfahrung gemacht, dass es ihnen guttut, auf klassische Weizen- (und damit oft auch Gluten) Produkte zu verzichten. Luisa hat ihre Ernährung aus hormonellen Gründen mithilfe eines Heilpraktikern umgestellt und verzichtet seitdem auf Gluten und Zucker. Es wäre ein Leichtes, aus dieser Situation ein Diät-Buch mit erhobenem Zeigefinder zu basteln. Tut sie aber nicht und auch der Verlag hat sich für einen anderen Weg entschieden – gut so! Der Verzicht auf beide Stoffe wird so leise wie beiläufig kommuniziert – der Fokus liegt klar auf einer bewussten und vor allem genussfokussierten Ernährung, die Spaß macht. Dies ist ein Spagat, den ich außerordentlich erfreulich finde – denn allzu oft stehen Verbote, Diäten und Regeln heute vor Genuss. Dabei geht beides ganz wunderbar nebeneinander, ganz selbstverständlich, so wie in diesem Buch. Die einen verzichten auf Kohlenhydrate, die anderen meiden Fett, die anderen Laktose, Gluten oder Zucker. Fakt ist: In allen Fällen kann und sollte es trotzdem um Genuss gehen – und das wird hier unterstrichen.
Pochierte Eier auf gebackenen Pastinaken, Basilikumrisotto mit Burrata auf Tomatenspiegel, Kebab mit lauwarmem Karottensalat & Zitronen-Joghurt-Dip sowie eine Schokoladen-Karamell-Tarte mit ganzen Haselnüssen machen Lust aufs Kochen – und vor allem: Genießen.
Luisa Zerbo: „So schmeckt Liebe – gesundes Soulfood, das dich glücklich macht“, Knesebeck-Verlag, München, 192 Seiten.
Für Feierabend-Genießer
Stevan Paul: Die Blaue Stunde
„Die Blaue Stunde ist ein magischer Moment“, schreibt Stevan Paul auf der ersten Seite seines Buches. Und damit hat er sehr recht: Feierabend ist das zentrale Stichwort. Arbeit und Pflichten rücken in den Hintergrund. Familien, Freunde und Paare kommen zusammen, um es sich gemeinsam gemütlich zu machen. Im Sommer im Garten, auf dem Balkon oder im Biergarten, im Winter eher vor dem Kamin, im Sofa, an der Theke, an der Bar. Und immer mit dabei: Leckere Drinks, feine, kleine Snacks, die den Abend über auch größer werden dürfen – und nicht zu vergessen: gute Gespräche. Kurzum: ein wohliges Gefühl zwischen Geborgenheit, Genuss und Lebensfreude. Wie schön, diesem Gefühl, diesem überall auf der Welt gefeiertem Ritual, ein gesamtes Buch zu widmen.
Die Blaue Stunde ist überall – nur überall ein bisschen anders. Eine Steilvorlage für dieses schöne Kochbuch, das Stevan Paul zusammen mit dem Brandstätter-Verlag wieder mal sehr gelungen ist. Samoa, Australien, Japan, China, Griechenland, Türkei, Spanien, Schweiz, Deutschland, Mexiko – Stevan Paul ist für dieses Buch gut rumgekommen und hat spannende Beobachtungen, wertvolle Rezepte und Inspirationen mitgebracht, die von Daniela Haug wiedermal sehr schön im Bild eingefangen worden sind. Ein Buch, das nicht nur für den nächsten Feierabend inspiriert – es inspiriert auch, eigene Gewohnheiten aufzubrechen und zu schauen, wie es die anderen machen.
Stevan Paul: „Blaue Stunde – Rezepte, die den Abend feiern“, Brandstätter-Verlag, Wien, 240 Seiten, 35,00 Euro.
Für alle, die die Geschichte zum Rezept suchen
Claudio Del Principe: al forno
Das Format ist auffällig: Es bewegt sich irgendwo zwischen einem großzügigen, gerade noch handlichen Hardcover-Roman, und einem kleinen, aber feinen Kochbuch, das schon durch seine Gestaltung auf das Besondere hinweist. Und schon diese äußere Beschreibung könnte nicht besser erklären, was drin ist: Claudio Del Principe setzt auf italienisch inspirierte Küche aus dem Ofen. Handverlesene Rezepte, stets verbunden mit kleinen Anekdoten, also Texten, die das Rezept und seine Geschichte näher beschreiben und die dazu führen, dass es sich nicht wie ein klassisches Kochbuch anfühlt. „Al forno“ ist ein typisches Beispiel dafür, wie Kochbücher sich heute sehr gut irgendwo zwischen Lese- und Kochbuch bewegen können. Ein Fall fürs Sofa auf der einen Seite – für die Küche auf der anderen. Alles zu seiner Zeit.
Claudio Del Principe ist freier Texter, Autor, hat italienische Wurzeln und schreibt in der Schweiz schon seit vielen Jahren Rezepte und Kochbücher. Wer seine Bilder kennt, der kennt im Prinzip auch die Handschrift seiner Bücher: Fokussiert, nicht überladen, das Gewicht liegt auf den wesentlichen Dingen. Es braucht keinen riesigen Einkaufskorb, um Gerichte, wie den Wolfsbarsch in Salzkruste, den Auberginenauflauf, die glasierten Lammhaxen oder Pollo alla diavola nachzukochen. Allerdings braucht es die richtigen Produkte, sorgfältig ausgewählt. In den Texten, die sich zwischen den einzelnen Rezepten befinden, geht es viel um Produktqualität, um Wertschätzung, für das, was auf dem Teller landet. Kein Kochbuch, das versucht, zig Rezepte zwischen zwei Buchdeckeln zu versammeln. Eher eines, das mal wieder die Augen öffnet, den Dingen Zeit zu schenken, Essen als etwas sehr Genussvolles, Wertvolles zu begreifen.
Claudio Del Principe: „al forno“, at-Verlag, Aarau und München, 280 Seiten, 34,00 Euro.
Für die, die gern über den Tellerrand schauen
Tiko Tuskadze: Supra – ein Fest der georgischen Küche
Georgien war 2018 zu Gast auf der Frankfurter Buchmesse. Eine gute Gelegenheit also, sich die georgische Küche und Tischkultur einmal genauer anzusehen. So manches (Koch-)Buch hat dazu auch passenderweise eingeladen. Ein besonders schönes heißt „Supra“. Übersetzt bedeutet der Begriff so viel wie „Festmahl“ und bezeichnet ein typisch georgisches Essen in Gesellschaft am großen Tisch. Man lädt zu sich nach Hause ein, alles kommt auf die große Tafel und es darf gern mehrere Stunden dauern, bis man den letzten Bissen gegessen hat. Unzählige Kleinigkeiten, kalte und warme Speisen, leichte und deftige – all das bleibt auf dem Tisch und man teilt es mit allen, die zu Gast sind.
Tiko Tuskadze ist in Georgien aufgewachsen und führt heute ein eigenes Restaurant in London. Dort ist „Supra“ auch in der Originalausgabe erschienen: Auf 208 Seiten hat die Autorin die kulinarischen Erinnerungen ihrer Kindheit zusammengefasst und liefert dabei viele wunderbare Rezepte, die nun darauf warten, auf großen Festtafeln serviert zu werden. Wie sich die georgische Küche von Tiko Tuskadze beschreiben lässt? Bunt, aromenreich, prall gefüllt mit Gewürzen, Kräutern, oft auch Nüssen. In die Kategorie der „5-Zutaten-Rezepte“ passen sie gerade nicht. Das, was die Autorin hier zusammengetragen hat, kommt sehr detailverliebt und mitunter auch aufwendiger daher – immer aber wunderbar appetitlich und spannend. Ein Buch, das einlädt, neue Gerichte zu entdecken und vielleicht mal ein eigenes Supra zu veranstalten.
Tiko Tuskadze: „Supra – ein Fest der georgischen Küche“, ars-vivendi, Cadolzburg, 208 Seiten, 24,00 Euro.
Nicht nur für Frauen
Stephanie Bräuer: Frauen an den Herd!
Kochen scheint eine Männerdomäne zu sein. Zumindest bekommt man diesen Eindruck, wenn man in Spitzenküchen unterwegs ist. Unter zehn oder fünfzehn Köchen, die in einem Zwei- oder Drei-Sterne-Restaurant am Herd stehen, finden sich manchmal keine, wenn, dann vielleicht ein oder zwei Frauen, mehr nicht. Alles andere sind Ausnahmen. Fast schon kleine Sensationen. Wie kommt das eigentlich?
Stephanie Bräuer hat sich auf den Weg gemacht und 24 Spitzenköchinnen in Europa besucht und porträtiert. Wie denken sie über das Männer-Frauen-Thema in der Küche? Woher kommt die Leidenschaft für gutes Essen? Und: Wie bringt man Familie und Koch-Beruf unter einen Hut? Es ist eine beachtliche Cast, die Stephanie Bräuer für dieses Buch gewonnen hat: Tanja Grandits, Douce Steiner, Sarah Henke, Cornelia Poletto, Julia Komp, Anna Ros, Maria Groß und Lisl Wagner-Bacher sind Namen, die in der Gastronomie jeder kennt und die alle gleichermaßen spannende und sehr unterschiedliche Haltungen haben. Zu jedem Interview gibt es zwei Original-Rezepte aus den jeweiligen Restaurants der Köchinnen. Und wer denkt, es gebe so etwas wie eine allgemein männliche oder weibliche Handschrift, der wird hier eines besseren belehrt: Denn wer sich die verschiedenen Rezepte einmal genau ansieht, der merkt: So verschieden die Haltungen der Köchinnen, so verschiedenen sind auch ihre kulinarischen Handschriften.
Stephanie Bräuer: „Frauen an den Herd! Wie Spitzenköchinnen die Sterne vom Himmel holen“, Christian-Verlag, München, 240 Seiten, 39,99 Euro.
Für Freunde des leichtfertigen Genuss
Ingo Holland & Cathérine Jamin: Apéro
Vormittags, mittags, nachmittags oder gegen frühen Abend: Ein Apéro kann quasi zu jeder Tageszeit stattfinden, wenn man die frühen Morgenstunden hinter sich gelassen hat. Der Brauch, kleine und größere Köstlichkeiten vor Veranstaltungen, Festen oder Zusammenkünften gemeinsam zu genießen, wird in Frankreich, Italien oder auch in der Schweiz viel selbstverständlicher gelebt als in Deutschland. Der ehemalige Sternekoch und bekannte Gewürzexperte Ingo Holland hat zusammen mit seiner Kollegin, der Konditormeisterin Cathérine Jamin ein Buch gestaltet, das dieses Schattendasein verändern soll: Im großen 30 mal 30 cm-Format präsentieren die beiden eine Liebeserklärung für das Apéro – und damit für den leichtfertigen Genuss zwischendurch. Es geht um kleine und größeren Leckereien, die mal aufwendiger, mal einfacher zuzubereiten sind, nie aber ohne eine ordentliche Portion Liebe und Leidenschaft auskommen.
Angefangen bei klassischen oder modern variierten Aufstrichen und Dips (Hummus, Paprika-Mandel-Creme, Wakamebutter) über raffiniert gewürzte Cracker, Nüsse, hausgemachte Chips und herzhafte Kuchen (Weißkrautkuchen mit Ahler Wurst, Burrata Tarte mit Spinat und Bottarga di tonno), bis hin zu selbstgebackenen Hefeteiggebäcken, Törtchen und Broten sowie selbst eingelegten Antipasti ist hier alles auf 234 Seiten versammelt. Vorweg genommen sei eines: Wer sich zum Apéro trifft, der zählt keine Kalorien. Darauf sind die Rezepte von Ingo Holland und Cathérine Jamin nicht angelegt. Stattdessen geht es um unbeschwerten – oder wie sie es ausdrücken: leichtfertigen – Genuss. Das Leben feiern und genießen – und dabei nur das Beste auf den Tisch bringen. Was für eine schöne Idee!
Ingo Holland, Cathérine Jamin: Apéro – ein leichtfertiger Genuss, Altes Gewürzamt, Klingenberg am Main, 39,90 Euro.